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/dpa

Leverkusen – Mit einem milliardenschweren Vergleich will Bayer einen Großteil seiner juristischen Probleme in den USA hinter sich lassen. Insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro werde man sich die Einigung mit zahlreichen US-Klägern kosten lassen, teilte der Agrarchemie- und Pharmakonzern gestern Abend in Leverkusen mit.

Dabei geht es vor allem um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat. Durch den Kompromiss sollen Bayer zufolge etwa 75 Prozent der aktuellen Glyphosatverfahren abgeschlossen werden – mit insgesamt etwa 125.000 eingereichten und nicht eingereichten Klagen. Auch die restlichen Verfahren sollten in­ner­halb der kommenden Monate zum Abschluss kommen.

Bayer ist dafür nach eigenen Angaben bereit, insgesamt 10,1 Milliarden bis 10,9 Milliar­den US-Dollar (9,1 Milliarden bis 9,8 Milliarden Euro) zu bezahlen. Damit solle der über­wie­gende Teil der vielen Glyphosatverfahren in den USA aus der Welt geschafft und zu­gleich drohenden Rechtsrisiken in der Zukunft vorgebeugt werden.

In der Summe enthalten sei auch eine Pauschale, mit der Ansprüche abgedeckt werden sollen, die noch nicht beigelegt sind sowie 1,25 Milliarden Dollar (1,1 Milliarden Euro), um eine separate Vereinbarung für potenzielle künftige Klagen zu ermöglichen.

Der Schritt sei kein Schuldeingeständnis, sondern die vernünftigste Lösung für das Un­ter­nehmen, sagte Konzernchef Werner Baumann in einer Telefonkonferenz mit Journalisten am Abend. Man wolle nach vorne blicken und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren. Auf angebotene Produkte oder den künftigen Einsatz von Glyphosat solle die Einigung keinen direkten Einfluss haben, hieß es.

Der Konzern erzielte im Zuge des Kompromisses auch Einigungen bei weiteren US-Kla­gen, die etwa den umstrittenen Unkrautvernichter Dicamba betreffen. Um Verfahren we­gen Verwehungen dieses Herbizids und dadurch angeblich verursachte Ernteschäden los­zuwerden, wird Bayer nach eigenen Angaben bis zu 400 Millionen Dollar (354 Millionen Euro) bezahlen. Die bei einem Gericht in Missouri gebündelten Klagen betreffen demnach die Erntejahre 2015 bis 2020. Bayer erwarte einen Beitrag des mitverklagten Wettbewer­bers BASF zu diesem Vergleich.

Weitere etwa 820 Millionen Dollar (728 Millionen Euro) will Bayer in die Hand nehmen, um den wesentlichen Teil der US-Verfahren wegen des Umweltgifts PCB beizulegen. Da­bei geht es um mit Chemikalien verseuchte Gewässer.

Kläger hatten dem inzwischen zu Bayer gehörenden US-Unternehmen Monsanto vorge­wor­fen, verheerende Folgen toxischer Schadstoffe für Natur und Lebewesen verschwie­gen zu haben. Monsanto sei von 1935 bis 1977 der einzige Hersteller von Polychlorierten Biphenylen (PCB) in den USA gewesen. 1979 wurde die Chemikalie dort verboten. In Deutschland ist dies seit Ende der 1980er-Jahre der Fall.

Die teuren Rechtskosten, die Bayer nun in Kauf nimmt, um reinen Tisch zu machen, sind allein der Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto geschuldet. Der Leverkusener Dax-Konzern hatte sich 2018 mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf des Unterneh­mens immense Rechtsrisiken im Zusammenhang mit Glyphosat und anderen Agrarpro­duk­ten ins Haus geholt.

Nachdem Bayer in den ersten drei Glyphosatprozessen in den USA hohe Schadenersatz­urteile kassiert hatte, warfen immer mehr Menschen dem Konzern vor, durch die Verwen­dung von Monsantos Unkrautvernichtern Krebs bekommen zu haben.

Die Klagen stützen sich wesentlich auf eine Einschätzung der WHO-Krebsforschungs­a­gen­tur IARC, die Glyphosat 2015 – im Gegensatz zu anderen Behörden – als „wahrschein­lich krebserregend“ für Menschen eingestuft hatte. Die Leverkusener wiesen die Vorwürfe stets zurück und bekamen dabei Rückendeckung von der US-Umweltbehörde EPA, die Gly­phosat bei vorschriftsmäßigem Gebrauch nicht als Gesundheitsrisiko einstuft. Die Be­rufungsprozesse zu den drei bereits kassierten Schuldsprüchen in den USA sollen trotz des Vergleichs weiterlaufen.

Mit Blick auf mögliche künftige Glyphosatfälle solle ein unabhängiges Wissenschafts­gre­mium gebildet werden, hieß es von Bayer. Das soll entscheiden, ob und wenn ja, ab wel­cher Dosis, Roundup Lymphdrüsenkrebs verursachen könne. Kläger und Bayer seien dann daran gebunden.

Die Glyphosatklagewelle hatte Bayer an der Börse unter Druck und die Konzernführung um Vorstandschef Werner Baumann in die Kritik gebracht. Man könne sich zwar darüber ärgern, für ein eigentlich unbedenkliches Produkt eine riesige Menge Geld aufbringen zu müssen, sagte Baumann nach der Verkündung des Vergleichs. „Ich bin aber sehr erleich­tert, dass wir diese Phase der Unsicherheit nun hinter uns lassen können.“

Finanziell ist der Konzern gut gerüstet: Allein der Verkauf der Tiermedizin soll Bayer 7,6 Milliarden Dollar einbringen – den Großteil davon in bar, einen kleineren Teil in Aktien des Käufers Elanco. Mit den Zahlungen will Bayer noch in diesem Jahr beginnen. Bei An­legern sorgte die Einigung mit US-Klägern für Erleichterung – Bayers Aktien legten nachbörslich zunächst um fast sechs Prozent zu.

Die Grünen nahmen die Einigung hingegen zum Anlass, erneut für ein schnelles, nationa­les Verbot von Glyphosat für den privaten Verbrauch zu werben. Der im Koalitionsvertrag versprochene Ausstieg müsse endlich vorangetrieben werden, mahnte der Obmann der Grünen im Bundestag, Harald Ebner. „Die Vergleichseinigung zu Glyphosat zeigt klar: Das giftige Erbe von Monsanto kommt Bayer teuer zu stehen.“ © dpa/aerzteblatt.de

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