Prostatakrebs-Patienten interessieren sich für Cannabis und CBD (Cannabidiol)

Jede vierte Tumorerkrankung bei Männer in Deutschland betrifft die Prostata, 58000 Männer erkranken in Deutschland jedes Jahr an Prostatakrebs, dieser ist damit die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, steigt mit dem Alter, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren. Besonders wenn der Tumor früh erkannt wird, sind die schulmedizinischen Therapien wirkungsvoll, die relative 5-Jahres-Überlebensrate aller Prostatakrebs-Patienten beträgt mittlerweile 87 Prozent. (1)
Viele Betroffene interessieren sich für naturheilkundliche Komplementärtherapien. In den letzten Jahren wächst vor allem das Interesse für eine mögliche Therapie mit den Wirkstoffen von Cannabis. Immer mehr Studien zeigen nämlich, dass Cannabis und seine Wirkstoffe wie CBD bei Krebs eine interessante Option sind. Sie können therapiebedingte Nebenwirkungen und Beschwerden von Krebspatienten lindern und bei einzelnen Krebsformen wie zum Beispiel beim Hirntumor oder bei Brustkrebs das Wachstum von Krebszellen beeinflussen.
Auch Patienten mit Prostatakrebs können in Zukunft vielleicht auf die Wirksamkeit von Cannabis hoffen. Dies zeigt eine neue Studie, die wir in diesem Beitrag vorstellen. Sie lässt unter anderem vermuten, dass Cannabis die Hormontherapie verstärken und deren Nebenwirkungen lindern kann.

 

Die Hormontherapie bei Prostatakrebs

Diese Behandlung nutzt das androgenabhängige Wachstum von Prostatakrebszellen aus. Androgene sind sogenannte „männliche“ Sexualhormone, sie sind bei Prostatakrebs von zentraler Bedeutung. Vor allem Testosteron ist in diesem Zusammenhang wichtig. Es wird im männlichen Hoden gebildet und beeinflusst das Wachstum, die Funktion und die Proliferation der Prostatazellen. Je mehr Testosteron im Blut zirkuliert, desto leichter können sich Prostatakarzinomzellen vermehren. Kommen die Krebszellen hingegen nicht mehr mit Testosteron in Kontakt, setzt dies den programmierten Zelltod (Apoptose) in Kraft, die Prostatakrebszellen sterben ab. Das ist das Ziel der sogenannten androgenentziehenden Hormontherapie.
Die Hormontherapie wird vor allem bei älteren Patienten in Betracht gezogen, gänzlich unstrittig ist ihr Einsatz bei symptomatischen Metastasen. (2)

 

Cannabis gegen die Nebenwirkungen der Hormontherapie?

Eine Hormontherapie kann mit diversen Nebenwirkungen einhergehen. Wenn diese auftreten, sollten umgehend die behandelnden ÄrztInnen informiert werden. Durch den Androgenentzug kommt es bei bis zu 80 Prozent der Patienten zu Hitzewallungen. Sechs Prozent leiden unter einer depressiven Verstimmung. Des Weiteren kann die Muskelstärke und das Denkvermögen abnehmen. Das Auftreten von Osteoporose und Problemen des Herzkreislaufsystem nehmen hingegen zu. (3)(4)
Diese Nebenwirkungen sind neben der Behandlung von Schmerzen und therapiebedingten Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen in den USA die Hauptgründe für den Einsatz von Cannabis bei Prostatapatienten, wie die im Folgenden besprochene Studie demonstriert.

 

Die Studie: Cannabis bei Prostatakrebspatienten mit Hormontherapie

Die Studie, die die Effekte von Cannabis auf Prostatakrebspatienten genauer untersuchte, wurde von der Universität von Toronto (Kanada) durchgeführt. Hierfür wurden die Fälle von 222 Patienten mit Prostatakrebs untersucht, die eine Hormontherapie durchführten. Die meisten der Teilnehmer waren über 70 Jahre alt.
Der erste Teil der Studie untersuchte mit einem Fragebogen die Häufigkeit von Cannabisanwendungen und deren subjektiven Nutzen. Laut den Befragungen nutzten 25 Prozent der Teilnehmer Cannabis, die meisten in Form von Ölen, 50 Prozent inhalierten Cannabis mit einem Vaporizer. Die häufigsten Gründe für die Einnahme von Cannabis waren Schmerzen, Energielosigkeit, Hitzewallungen und depressive Stimmungen. Ein Drittel der Cannabis-Konsumenten erhoffte sich zudem positive Effekte von Cannabis auf die Tumorzellen. Die meisten Teilnehmer gaben an, dass Cannabis die Nebenwirkungen der Hormontherapie linderte. Folgende Nebenwirkungen des Cannabis-Konsums wurden berichtet: gesteigerter Appetit und Gedächtnisschwierigkeiten.
Für den zweiten Teil der Studie wurden Blutuntersuchungen durchgeführt, die Rückschlüsse auf den Cannabiskonsum und erkrankungsrelevante Parameter wie den Bluttestosteronspiegel erlaubten. Der zweite Teil der Studie lieferte interessante Ergebnisse: Cannabiskonsumenten wiesen niedrigere Testosteronspiegel auf als Teilnehmer, die kein Cannabis anwendeten. (5)

Unsere Einschätzung der Studie

Die Ergebnisse der Studie sind interessant und motivieren hoffentlich weitere Forschergruppen, genauer nachzuforschen. Denn viele Fragen sind noch ungeklärt, inwieweit zum Beispiel Cannabis die Prognose von Prostatakrebs beeinflussen kann. Insbesondere der Zusammenhang zwischen niedrigen Testosteronwerten und Cannabiskonsum erscheint vielversprechend für eine weitere Forschung und mögliche therapeutische Überlegungen. Dass Cannabiskonsum die Testosteronwerte sinken lassen kann, hatten bereits frühere Studie gezeigt. (6)(7)(8)

 

Cannabis bei Prostatakrebs: Das können Sie tun

Wer als Prostatakrebs-Patient Cannabis einsetzen möchte, bespricht dies zunächst mit seinen OnkologInnen. Ob Cannabis eine direkte Wirkung auf das Krankheitsgeschehen und damit auf die Prognose hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Es erscheint aufgrund der neuen Studie plausibel, dass Patienten, die eine Hormontherapie bekommen, davon profitieren können. Cannabis scheint deren Nebenwirkungen zu lindern und möglicherweise deren Effizienz zu steigern. Diese erste Studie wird leider kein Grund sein, dass die Krankenkassen die Kosten für Cannabis übernehmen. Dafür sind andere Beschwerden von Prostatakrebs-Patienten aussichtsreicher wie zum Beispiel Schmerzen oder Appetitlosigkeit oder therapiebedingte Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen.
Wer Cannabis einsetzt, sollte sich auch mit den häufigen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Cannabis beschäftigen.

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Quellennachweis

(1) Batzler WU, Giersiepen K, Hentschel S et al.: Prostata. In: Robert Koch-Institut (ed.): Krebs in Deutschland 2003–2004; Häufigkeiten und Trend. 2008: 70–4.
(2) Albertsen PC, Hanley JA, Fine J: 20-year outcomes following conservative management of clinically localized prostate cancer. MEDLINE JAMA 2005; 293: 2095–101.
(3) Nelson JB: Hormone therapy for prostate cancer. In: Wein AJ, Kavoussi LR, Novick AC et al. (eds.): Campbell-Walsh Urology. Philadelphia: Saunders-Elsevier 2007: 3082–100.
(4) Keating NL, O’Malley AJ, Smith MR: Diabetes and cardiovascular disease during androgen deprivation therapy for prostate cancer. J Clin Oncol 2006; 24: 4448–56. MEDLINE
(5) Mousa A, Petrovic M, Fleshner NE. Prevalence and predictors of cannabis useamong men receiving androgen-deprivation therapy for advanced prostate cancer.
Can Urol Assoc J. 2019 Jun 17
(6) Kolodny, R. C., Masters, W. H., Kolodner, R. M., et al.: Depression of plasmatestosterone levels after chronic intensive marihuana use. N Engl J Med 290.16 (1974):
872-874.
(7) Kolodny, R. C., Lessin, P., Toro, G., et al.: Depression of plasma testosterone with acute
marihuana administration. The Pharmacology of Marijuana (1976): 217-225.
(8) Cannabis and Male Fertility: A Systematic Review

Wichtiger Hinweis zu unseren Artikeln

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