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/dpa
Oxford – Eine systemische Behandlung mit Östrogenen erhöht vor allem in der Kombination mit einem Gestagen das Risiko auf ein (Östrogenrezeptor-positives) Mammakarzinom. Diese Erkenntnis aus den randomisierten WHI-Studien (Women’s Health Initiative) wird jetzt durch eine Meta-Analyse epidemiologischer Studien im Lancet (2019; doi: 10.1016/S0140-6736(19)31709-X) untermauert. Wichtige Einflussfaktoren sind die Behandlungsdauer und der Body-Mass-Index.
Die 2002 publizierten Ergebnisse der WHI-Studien haben das Konzept der früheren Hormonersatztherapie widerlegt. Vormals hatten viele Gynäkologen den Frauen geraten, die mit der Menopause versiegende Östrogenproduktion durch die Einnahme von Hormonpräparaten auszugleichen.
Dies sollte nicht nur die klimakterischen Beschwerden lindern, sondern die Frauen auch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer Osteoporose schützen. Da bekannt war, dass Östrogene das Risiko auf ein Endometriumkarzinom erhöhen, wurde den meisten Frauen (allen mit Uterus) zu einer Kombination mit einem Gestagen geraten.
Die WHI-Studie hat diese Erwartungen bekanntlich nicht bestätigt. Die Zahl der osteoporotischen Knochenbrüche ging zwar zurück. Die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen nahm jedoch deutlich zu. Unter der Behandlung mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination kam es außerdem zu einem Anstieg der Brustkrebserkrankungen.
Weiterhin eine Verordnung der Hormonpräparate
Die WHI-Studie hat zu einer Halbierung der Verordnungen der vormals beliebten Hormonpräparate geführt. Seit den 2010er-Jahren haben sich die Verordnungszahlen jedoch wieder stabilisiert. Derzeit nehmen nach den Recherchen der „Collaborative Group on Hormonal Factors in Breast Cancer“ in westlichen Ländern rund 12 Millionen Frauen nach der Menopause regelmäßig Hormonpräparate ein.
Auch wenn die Leitlinien inzwischen von einer längeren Gabe abraten, besteht bei vielen Ärzten die Neigung, die Relevanz der WHI-Ergebnisse infrage zu stellen, weil die Teilnehmerinnen der WHI-Studie weit über 60 Jahre alt waren, während die Hormontherapie ihren Nutzen doch bei jüngeren Frauen erzielt.
Da die Neuauflage einer größeren randomisierten Studie (mit jüngeren Frauen) nicht in Sicht ist, hat eine Expertengruppe um die Epidemiologin Valerie Beral von der Universität Oxford die derzeitige Datenlage aus epidemiologischen Studien zusammengefasst. Diese können zwar keine Kausalität herstellen, die Auswertung von 58 Studien mit 100.000 Brustkrebserkrankungen ergibt jedoch ein in sich schlüssiges Bild.
Schlüssiges Bild
Danach erkrankten Frauen, die nach der Menopause eine Hormontherapie begannen, häufiger an Brustkrebs. Das Risiko war (anders als in der WHI-Studie auch) für Monopräparate nachweisbar, aber bei den Anwenderinnen von Kombinationen deutlich höher. Der biologische Grund für den Einfluss der Gestagene ist übrigens nicht bekannt.
Wie zu erwarten, erhöhten die Hormonpräparate in erster Linie die Häufigkeit von Östrogenrezeptor-positiven Mammakarzinomen, deren Wachstum durch Östrogene gesteigert wird (weshalb Anti-Östrogene erfolgreich in der Behandlung und der Prävention sind).
Da Östrogene auch im Fettgewebe gebildet werden, steigt das Brustkrebsrisiko mit dem Body-Mass-Index an. Das Zusatzrisiko durch Östrogene fiel bei schlanken Frauen stärker aus als bei adipösen Frauen. Die Studie zeigt auch eine klare Abhängigkeit des Risikos von der Dauer der Einnahme, was eine kurzfristige Behandlung von klimakterischen Beschwerden zu einem kalkulierbaren Risiko machen könnte.
Risiko von jüngeren Frauen sogar erhöht
Hier einige Zahlen aus der Studie: Das durchschnittliche Risiko von Frauen mit durchschnittlichem Gewicht in westlichen Ländern, die niemals Hormone einnahmen, liegt in den 20 Jahren zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr bei 6,3 pro 100 Frauen. Es steigt auf 8,3 pro 100 Frauen bei Frauen, die ab dem Alter von 50 Jahren über 5 Jahre kombinierte Hormonpräparate (Östrogen plus täglichem Gestagen) einnahmen. Das ist eine zusätzliche Brustkrebserkrankung auf 50 Anwenderinnen.
Von Frauen, die ab dem Alter von 50 Jahren über 5 Jahre Östrogene kombiniert mit intermittierendem Gestagen einnahmen, erkrankten 7,7 auf 100 Anwenderinnen an Brustkrebs. Das entspricht einer zusätzlichen Krebserkrankung auf 70 Anwenderinnen. Von den Frauen, die ab dem Alter von 50 Jahren über 5 Jahre Östrogen-Monopräparate einnahmen, erkrankten 6,8 von 100 Frauen. Das bedeutet eine zusätzliche Krebserkrankung auf 200 Anwenderinnen.
Mit der Dauer der Einnahme steigt das Risiko, wobei es während der Anwendung am höchsten ist. Für die Jahre 1 bis 4 der Anwendung ermittelt Beral ein relatives Risiko von 1,60 für Östrogen-Gestagen-Kombinationen und von 1,17 für Östrogen-Monopräparate. Bei Frauen, die die Hormontherapie über 5 bis 14 Jahre betrieben, steigt das relative Risiko während der Anwendung auf 2,08 bei Östrogen-Gestagen-Kombinationen und auf 1,33 bei Östrogen-Monopräparaten.
Das Risiko ist (anders als die Kritiker der WHI-Studie gehofft hatten) bei jüngeren Frauen höher als bei älteren. Frauen, die im Alter von 45 bis 49 Jahren mit einer 5- bis 14-jährigen Behandlung begannen, hatten ein relatives Risiko von 1,39 (bei Östrogen-Monopräparaten) und von 2,14 (bei Östrogen-Gestagen-Kombinationen). Bei einem Beginn im Alter von 60 bis 69 Jahren war das relative Risiko mit 1,08 (bei Östrogen-Monopräparaten) und 1,75 (bei Östrogen-Gestagen-Kombinationen) kaum noch erhöht.
Die meisten Mammakarzinome, die durch Hormonpräparate begünstigt werden, sind Östrogenrezeptor-positive Tumore. Die Einnahme über 5 bis 14 Jahre war nach den Berechnungen von Beral mit einem relativen Risiko von 1,45 (bei Östrogen-Monopräparaten) und von 2,44 (bei Östrogen-Gestagen-Kombinationen) auf ein Östrogenrezeptor-positives Mammakarzinom verbunden. Die relativen Risiken auf ein Östrogenrezeptor-negatives Mammakarzinom betrugen 1,25 und 1,42.
Interessant ist die Interaktion mit dem Body-Mass-Index. Eine Adipositas steigert das Brustkrebsrisiko von Frauen, die keine Hormone einnehmen. Die zusätzliche Einnahme von Hormonen erhöhte das Risiko dann weniger stark als bei schlanken Frauen. Am Ende erkrankten beide gleich häufig am Mammakarzinom, wenn sie Hormone einnehmen.
Beral schätzt aufgrund der Ergebnisse der Studie, dass von den 20 Millionen Brustkrebserkrankungen, die seit 1990 in westlichen Ländern aufgetreten sind, etwa eine Million durch die Hormontherapie verursacht wurde.
Die Studienergebnisse bestätigen die derzeitigen Empfehlungen der meisten Fachgesellschaften, die nur bei starken klimakterischen Beschwerden zu einer Hormontherapie raten. Diese sollte so kurz wie möglich erfolgen. Am sichersten scheint eine vaginale Anwendung zu sein, die in den Studien mit keinem erhöhten Brustkrebsrisiko verbunden war.
Die Hormontherapie mit einem engen Mammographie-Screening zu verbinden, könnte nach den Ergebnissen einer weiteren Analyse von Beral im Lancet (2019; doi: 10.1016/S0140-6736(19)32033-1) die Gefahr für das Leben der Patientin nicht abwenden. Auch wenn Brustkrebs im Frühstadium heute in den meisten Fällen geheilt werden kann, sterben Frauen, die eine Hormontherapie betrieben haben, in den folgenden 20 Jahren häufiger an Brustkrebs als Frauen, die keine Hormontherapie betrieben hatten. © rme/aerzteblatt.de
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