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Chicago – Ein Medikament, das in der Tiermedizin erfolgreich zur Behandlung von Mastzelltumoren beim Hund eingesetzt wird, könnte gegen COVID-19 und einige andere Viruserkrankungen beim Menschen wirksam sein, wie Laborexperimente und präklinische Studien in Science (2021; DOI: 10.1126/science.abg5827) zeigen.
Die Beispiele HIV und Hepatitis zeigen, dass Viruserkrankungen gezielt durch Medikamente behandelt werden können. Die Medikamente blockieren bei beiden Infektionen zumeist Enzyme, die die Viren zur Replikation in den Zellen benutzen.
Auch Coronaviren benötigen solche Enzyme. Ihr Genom wird nach Eintritt in die Zellen zunächst in 2 Polyproteine umgesetzt, die in kleinere Einheiten zerlegt werden müssen. Diese Aufgabe übernehmen 2 Proteasen. Dies ist einmal die Hauptprotease 3CL (auch Mpro oder nsp5 genannt). Das 2. Enzym ist die „Papain like“-Protease, abgekürzt PLpro. Medikamente, die eines dieser Enzyme blockieren, könnten die Vermehrung der Viren in den Zellen verhindern und damit das Fortschreiten der Infektion stoppen.
Der einzige Wirkstoff gegen die Replikation von Coronaviren in Zellen ist derzeit Remdesivir. Es blockiert eine RNA-Polymerase, die die Viren zur Vermehrung ihres Erbguts benötigen, das in neue Viren eingebaut werden soll. Remdesivir wird selten eingesetzt, da es als Infusion verabreicht werden muss und nur in der Frühphase der Infektion bei milden Verläufen wirksam ist.
Ein Team um Savas Tay und Nir Drayman von der Universität Chicago hat in Laborexperimenten systematisch nach weiteren Wirkstoffen gesucht, die die Replikation von Coronaviren in Zellkulturen stoppen können.
Sie führten das Screening mit OC43 durch, einem von vier Coronaviren, die als Erkältungsviren zirkulieren und anders als SARS-CoV-2 keine tödlichen Infektionen auslösen (und deshalb ohne Sicherheitsvorkehrungen im Labor untersucht werden können). Die Forscher screenten insgesamt 1.900 Substanzen, die als Medikamente beim Menschen eingesetzt werden oder sich zumindest in klinischen Studien als sicher erwiesen haben. Sie fanden 108 Wirkstoffe, die die Replikation von OC43 hemmten.
Von diesen wurden 30 in einem Hochsicherheitslabor auf ihre Fähigkeit hin untersucht, die Replikation von SARS-CoV-2 in Zellen aufzuhalten. Insgesamt 20 bestanden diesen Test. In weiteren Experimenten wurde untersucht, ob die Substanzen in der Lage sind, das Enzym 3CL zu inhibieren. Diesen Test bestanden 8 Substanzen.
Am wirksamsten war Masitinib, das die 3CL-Aktivität in den Zellen vollständig hemmte. Masitinib ist ein oral bioverfügbarer Inhibitor der Tyrosinkinase KIT. Er ist zur Behandlung von Mastzelltumoren bei Hunden zugelassen. Beim Menschen wurde er in klinischen Phase-2- und Phase-3-Studien bei verschiedenen Erkrankungen (Krebs, Asthma, Alzheimer, Multiple Sklerose und Amyotrophe Lateralsklerose) erprobt. In der Humanmedizin ist Masitinib nicht als Medikament zugelassen.
Eine Röntgenkristallografie zeigte, dass Masitinib im aktiven Zentrum der 3CL-Protease bindet und damit verhindert, dass das Enzym das Polyprotein von SARS-CoV-2 spaltet.
Als nächstes haben die Forscher die Wirkung von Masitinib an transgenen Mäusen untersucht, die zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert wurden. Eine zehntägige Behandlung mit Masitinib, die 12 Stunden nach der Infektion begonnen wurde, verminderte die Viruslast von SARS-CoV-2 um mehr als 99 % und verhinderte, dass es zu einem COVID-19-ähnlichen Krankheitsbild mit einem Anstieg der entzündlichen Zytokinspiegel kam.
Da sich Masitinib in klinischen Studien am Menschen bereits als sicher erwiesen hat, konnte der französische Hersteller AB Science bereits mit einer 1. klinischen Studie beginnen. Seit Juni werden an 6 Zentren in Frankreich Patienten, die wegen COVID-19 ins Krankenhaus (aber nicht auf Intensivstation) überwiesen wurden, mit einer Kombination aus Masitinib und Isoquercetin, einer antientzündlichen Substanz, behandelt. Eine Vergleichsgruppe erhält nur eine Standardtherapie.
Masitinib wäre vermutlich auch gegen alle zirkulierenden Virusvarianten wirksam, da diese keine Mutationen im Gen für die 3CL-Protease aufweisen. Erste Tests an Zellkulturen bestätigten dies. Masitinib hemmte die Replikation der SARS-CoV-2-Varianten Alpha, Beta und Gamma gleich gut.
Masitinib könnte auch bei anderen Virusinfektionen wirksam sein. In Zellkulturen wurden laut den Forschern auch die Replikation von Picornaviren gestoppt. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem das Hepatitis A-Virus, das Poliovirus und viele Rhinoviren, die Erkältungskrankheiten verursachen. © rme/aerzteblatt.de
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