ÄMehr als 20 Cannabissorten mit unterschiedlichen THC- und Cannabidiol (CBD)-Gehalten stehen Ärzten zur Verordnung zur Verfügung. /dpa

Berlin Seit 2017 steigt die Zahl der über die Apotheken abgegeben Cannabisrezepturen und damit der Umsatz in der gesetzlichen Kran­ken­ver­siche­rung (GKV). Nicht immer passiere das im Sinne einer rationalen Pharmakotherapie, kritisierte der Präsident der Bundesapothekerkammer, Andreas Kiefer, kürzlich bei der Veranstaltung Cannabis als Medizin Gefahren des Missbrauchs? in Berlin.

Aktuelle Auswertungen der Bundesvereinigung Deutscher Apotheker (ABDA) aus dem vergangenen Jahr zeigen deutliche regionale Unterschiede bei der Versorgung mit Cannabisblüten. Im Süden Deutschlands wurden demnach weit mehr Cannabisrezepturen ber die Apotheken abgegeben als im Norden.

Den durchschnittlichen GKV-Umsatz von 80 Euro pro 1.000 GKV-Versicherten überschreiten die Bayern den Angaben zufolge um fast das Doppelte, dicht gefolgt von Baden-Württemberg. Den geringsten GKV-Umsatz verbuchen Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Westfalen-Lippe mit etwa 30 bis 40 Euro pro 1.000 GKV-Versicherten. Gäbe es eine anerkannte Ratio in der Pharmakotherapie mit Cannabis dürfte es diese Unterschiede nicht geben, ist Kiefer überzeugt.

Einen weiteren Hinweis daüfr, dass der medizinische Bedarf nicht die Magabe für die Verordnung sei, sieht Kiefer in der Relation der eingelösten Rezepte zu unverarbeiteten und zubereiteten (gemahlen und gesiebt) Rezepturen in den Apotheken. Einheiten unverarbeiteter Cannabisrezepturen würden mehr pro Rezept abgegeben als zubereitete Rezepturen.

Für Kiefer gilt es somit als bewiesen, dass Cannabis nicht ausschlielich im Sinne einer rationalen Pharmakotherapie eingesetzt wird. Es liegt seiner Meinung nach aber nicht an der Qualität der Verordner oder der Apotheker.

Viel interessanter ist aber die Beobachtung, dass Schmerztherapeuten viel häufiger die Zubereitungen verordnen, während Allgemeinmeidziner viel häufiger unverarbeitete Cannabisblüten verordnen. Erik Bodendieck, Mitglied Kommission Sucht- und Drogen bei der BK

Damit Ärzte mehr Erfahrungen mit dem Einsatz von Medizinalcannabis sammeln können, schlägt Erik Bodendieck, Mitglied Kommission Sucht- und Drogen bei der Bundesä­rzte­kammer (BK) vor, die Verordnung auf bestimmte Facharztgruppen zu beschränken.

Diese Einschränkung würde auch die DAK Gesundheit als sinnvoll erachten, stimmte Detlev Parow, Leiter Abteilung Arznei-/Hilfsmittel und sonstige Leistungen, zu. Aus Sachsen kann Bodendieck berichten, dass in erster Linie Schmerztherapeuten Medizinalcannabis verordnen und an zweiter Stelle die Allgemeinmediziner. Viel interessanter ist aber die Beobachtung, dass Schmerztherapeuten viel häufiger die Zubereitungen verordnen, während Allgemeinmediziner viel häufiger unverarbeitete Cannabisblüten verordnen, erläuterte der Präsident der Sächsischen Lan­desä­rz­te­kam­mer.

Indikationsliste fehlt

Bodendieck und Parow vermissen zudem eine Indikationsliste fr Medizinalcannabis. Entscheiden muss laut Sozialgesetzbuch 5 der Arzt im Einzelfall nach begründeter Einschätzung. Das Gesetz verschiebt damit die Last in Gänze auf den Arzt, kritisierte der Allgemeinmediziner Bodendieck aus Leipzig. Auch aufgrund der geringen Evidenz rufe die BK daher dazu auf, Cannabis nur im Einzelfall zu verordnen, wenn alles andere ausgeschöpft ist.

Es ist nicht Sache des MDKs restriktiv eine vom Gesetzgeber gewollte Therapie zu behindern. Wieland Schinnenburg, FDP

Im Zweifelsfall können die Krankenkassen die Anträge auch an den Medizinischen Dienst (MDK) zur Prüfung weitergeben. Die DAK Gesundheit würde dies in 99 Prozent der Anträge tun, berichtete Parow. Welche inhaltlichen Ablehnungsgründe neben formalen Fehlern gerechtfertigt seien, wäre aber unklar.

Deutliche Kritik an der Prüfung des MDK äusserte Joachim Nadstawek vom Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD): Es verschlägt mir die Sprache, welche Anträge der MDK ablehnt. Es geht nicht, dass der MDK Therapieempfehlungen ausspricht, so Nadstawek.

Auch Wieland Schinnenburg, Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik der FDP, betonte die Entscheidungsbefugnis des einzelnen Arztes. Es ist nicht Sache des MDK restriktiv eine vom Gesetzgeber gewollte Therapie zu behindern.

Daraufhin stellte Axel Meeen Geschftsführer vom MDK Berlin/Brandenburg noch mal die Prüflogik klar, die von vielen nicht verstanden wrde. Nicht die Menge an Indikationen sei ausschlaggebend, ob ein Patient Cannabis bekommen sollte. Für jede einzelne Indikation msse der Arzt zeigen, dass Therapiealternativen bereits ohne Erfolg erhoben wurden. Meeen empfiehlt Ärzten daher, sich auf eine Indikation zu fokussieren. © gie/aerzteblatt.de

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